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Die Beziehung zwischen Wissenschaft und Politik ist immer wieder in der Diskussion. Wie beeinflussen sie sich gegenseitig, und wie wirkt sich diese Interaktion auf das Vertrauen in die Wissenschaft aus?

Wofür sind Wissenschaft und Politik verantwortlich?

Lassen Sie uns zunächst den Fokus auf die Realwissenschaften legen, zu denen auch die Sozialwissenschaften und die Geschichte gehören. Wir tauchen nicht in die Bereiche von Kunst, Literatur und Musik ein. Realität bedeutet hier, dass wir uns mit dem beschäftigen, was tatsächlich existiert – ob unsere Vorstellungen mit der Realität übereinstimmen. Beispiele sind physikalische Gesetze, historische Ereignisse oder die Verbindung zwischen Kindheitstraumata und Gewaltbereitschaft. Diese Aussagen sind empirisch überprüfbar und können an der Realität scheitern. "Wir irren uns empor", wie ein langjähriges Mitglied des Wissenschaftsrates der GWUP, treffend formulierte.

Die Frage, ob etwas wahr ist oder nicht, hängt von der Evidenz ab. Die Evolutionslehre beispielsweise erfordert eine immense Menge an gut abgesicherten Beweisen, um sie zu erschüttern. Im Gegensatz dazu sind Vorhersagen zur zukünftigen Temperatur auf der Erde nicht ganz so sicher und können sich durch neue Erkenntnisse leichter ändern.

Die Wissenschaft kann uns nicht direkt sagen, was wir tun sollen. Es gibt jedoch eine Ausnahme: Wenn es um die Darstellung der wissenschaftlichen Ergebnisse selbst geht, können wir beispielsweise politisch fordern, dass der unbelegte Kreationismus nicht als Wissenschaft in den Schulen gelehrt wird.

Aber “die Wissenschaft” sollte keine konkreten Handlungsempfehlungen geben, wie “baut Bio”, “setzt nur auf erneuerbare Energien” oder “führt Gentechnik ein”. Das Motto “follow the science” ist hier fehl am Platz. Stattdessen sollten wir fordern, dass die Politik wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt und nicht ignoriert oder negiert – ein subtiler, aber wichtiger Unterschied. Die Initiative “Scientists for Future” geht weit über ihre Grenzen hinaus und setzt sich für bestimmte konkrete Maßnahmen ein, während sie andere ablehnt.

Wissenschaft und Politik: Entflechtung als Vertrauensbildung

Wissenschaft kann sich durchaus in politische Fragen einbringen, insbesondere wenn es darum geht, ob bestimmte Maßnahmen die politisch gesetzten Ziele erreichen können oder nicht. Hierbei wird jedoch oft deutlich, dass wissenschaftliche Erkenntnisse bei politischen Entscheidungen nicht immer ausreichend berücksichtigt werden.

Das Verhältnis von Wissenschaft und Politik kann das Vertrauen in die Wissenschaft beeinflussen. Viele Menschen spüren intuitiv, dass in manchen Debatten nicht nur wissenschaftliche Fakten, sondern auch andere Interessen und Überzeugungen eine Rolle spielen. Diese Wahrnehmung kann das Vertrauen in die Wissenschaft untergraben.

In einer neuen Veröffentlichung von Senja Post und Nils Bienzeisler vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit dem Titel “The Honest Broker versus the Epistocrat: Attenuating Distrust in Science by Disentangling Science from Politics” wird dieser Aspekt aus einer anderen Perspektive beleuchtet. Die Ergebnisse legen nahe, dass eine klare Trennung von wissenschaftlichen und politischen Aussagen dazu beitragen könnte, das Vertrauen in wissenschaftliche Informationen zu stärken.

Politische Kontroversen, die wissenschaftliche Fragen betreffen, zeigen oft eine Polarisierung des Vertrauens in die Wissenschaft. Dieses Vertrauen korreliert häufig mit den individuellen politischen Präferenzen. Interessanterweise verstärkt Intelligenz diese Polarisierung, unabhängig von der Wahrheit der Aussagen.

Die experimentelle Prüfung

Post und Bienzeisler testeten ihre These experimentell an drei deutschen politischen Konflikten:

  • Schulschließungen vs. Schulöffnungen während der COVID-19-Pandemie
  • Verbot vs. Fortführung des innerdeutschen Flugverkehrs angesichts des Klimawandels
  • Abschuss von Wölfen in Siedlungsgebieten vs. Schutz von Wölfen

In jeder Fallstudie sahen die Teilnehmer eine von vier Versionen eines Nachrichtenartikels, in dem ein Wissenschaftler über seine Forschung berichtete und politische Ratschläge gab. Die Zitate des Wissenschaftlers unterschieden sich in Richtung und Stil seiner politischen Ratschläge.

Als Epistokrat verwischt der Wissenschaftler die Unterscheidung zwischen wissenschaftlichen und politischen Aussagen, indem er vorgibt, eine Politik zu “beweisen” und damit eine gesellschaftliche Debatte über Werte und politische Prioritäten ausschließt.

Ein ehrlicher Vermittler hingegen unterscheidet zwischen wissenschaftlichen und politischen Aussagen und präsentiert eine politische Option, wobei er die Grenzen seiner disziplinären wissenschaftlichen Perspektive auf ein breiteres gesellschaftliches Problem anerkennt.

Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass öffentliche Politikberatung im Stil eines ehrlichen Vermittlers im Gegensatz zu dem eines Epistokraten die politische Polarisierung verringern und das Vertrauen in Wissenschaftler und wissenschaftliches Wissen insbesondere bei den politisch am stärksten benachteiligten Personen stärken kann.

Sie kommen zu dem Schluss, dass Praktiker der öffentlichen Wissenschaftskommunikation, die sich mit wissenschaftlichen oder technologischen Fragen in öffentlichen Kontroversen befassen, diese Erkenntnisse zur Kenntnis nehmen und in ihren professionellen Beiträgen zur wissenschaftlichen und politischen Kommunikation berücksichtigen sollten. Sie glauben, dass der Stil eines ehrlichen Maklers im Gegensatz zu dem eines Epistokraten zu einer Entpolarisierung und zu mehr Vertrauen in die Wissenschaft beitragen könnte.

Zwei Gründe für die Enflechtung

Es gibt also zwei Gründe, Wissenschaft und Politik zu entkoppeln. Erstens kann die Wissenschaft von sich aus keine Handlungsempfehlungen außerhalb ihres eigenen Arbeitsbereichs geben. Und zweitens ist es dem Ansehen der Wissenschaft auch nicht dienlich. Im Gegenteil: Eine zu große Nähe zur Politik untergräbt das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Wissenschaft.