Als ich Anfang der 80er Jahre mit skeptischen Aktivitäten begann, hatte ich die Vorstellung, dass es eine jahrtausendealte Tradition gibt, in der die Prinzipien des Skeptizismus entwickelt worden sind. So einfach war es nicht, und es gab auch nicht „den“ Skeptizismus.
Ich habe im Laufe der Zeit viel lernen müssen. Das betrifft die Inhalte, also was stimmt und was nicht, und inwieweit wir überhaupt wissen können. Außerdem ging es um die Frage, wie wir im Wissensprozess und in der Kommunikation verfahren sollen. Und dann ging es auch um die Frage, warum wir das tun.
Unser Wissen selbst
Die antiken Skeptiker waren der Überzeugung, dass wir nicht wirklich wissen können, weil es für alles ein Gegenargument gibt und wir unser Urteil zurückstellen sollten. Mit Wissenschaft hat das wenig zu tun. Licht in diese verzweigte Entwicklung mit vielen Zwischenstufen brachte das Buch „The New Skepticism“ von Paul Kurtz, in dem der Skeptizismus in einem neuen, modernen und wissenschaftskompatiblen Sinne entwickelt wurde.
Gerhard Vollmer, langjähriges Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der GWUP, formuliert es in „Wissenschaftstheorie im Einsatz” noch deutlicher: „Wir wollen uns mit unseren wissenschaftlichen Aussagen auf die reale Welt beziehen, die unabhängig von uns existiert.
Hinzu kommt ein weiterer wichtiger Aspekt: die epistemische Bescheidenheit. Dazu gehört: Nichts ist absolut sicher, auch wenn manches sehr gut belegt ist. Deshalb müssen wir immer offen sein für neue Ideen und Überlegungen, auch wenn sie zunächst falsch erscheinen.
Vor diesem Hintergrund lassen sich einige Prinzipien zusammenfassen, an denen sich Skeptiker orientieren sollten.
- Realwissenschaften wollen mit ihren Theorien die reale Welt zumindest ansatzweise korrekt beschreiben. Dazu muss die Möglichkeit empirischer Prüfbarkeit gegeben sein.
- Da alle Menschen gleichermaßen das Produkt der Evolution und entsprechender Anpassungen an die Welt sind, sind alle Menschen prinzipiell gleichermaßen zur Welterkenntnis befähigt. Wissenschaft ist daher universalistisch. Wenn jemand von chinesischer, vedischer oder feministischer Wissenschaft spricht, ist Skepsis angebracht.
- Es gibt verschiedene Stufen des Wissens, manche sind noch vorläufig, auf andere würden wir unser Leben verwetten. Dies begründet unsere epistemische Bescheidenheit: Wir müssen offen sein für Korrekturen, die sich auf neue Beweise und Argumente stützen.
- Wunschdenken und Selbsttäuschung gibt es in der Wissenschaft wie überall. Wir können moralisierende Barrieren aufbauen und uns gegen Kritik immunisieren. Zauberkünstler wie James Randi haben aber gezeigt, wie leicht wir uns – insbesondere als Wissenschaftler – täuschen können. Deshalb ist inhaltliche und methodische Kritik zentral, um Fehler zu korrigieren, blinde Flecken zu entdecken und Neues zu entwickeln.
- Es zählen die Argumente, nicht die Personen und ihre Zugehörigkeiten, auch wenn wir diese Personen aus anderen Gründen nicht mögen. Ein rational-konstruktiver Umgang mit unliebsamen Thesen ist für den wissenschaftlichen Prozess grundlegend. Schließlich könnten wir uns irren.
- Es darf keine Tabus im Erkenntnisanspruch geben. Selbstverständlich gibt es ethische Grenzen bei den Methoden. Wir führen zum Beispiel keine Menschenversuche durch.
Unser Umgang
Der Umgang mit anderen, insbesondere mit Gegnern, die wir nicht mögen, hat zwei Komponenten. Erstens könnten sie Argumente vorbringen, die uns in unserer Erkenntnis weiterbringen, sei es in der Sache selbst oder in der Einschätzung, warum sie etwas glauben. Zweitens sollten wir ohnehin anständig mit anderen umgehen.
Für den Umgang mit Parawissenschaften gibt es gute Anleitungen, zum Beispiel „Proper Criticism“ von Ray Hyman. Darin geht es um den Umgang mit diesen Themen. Eine weitere sehr wichtige Rolle spielt die Kommunikation. Wir sollten mit unseren Gegnern immer pfleglich umgehen.
Das heißt konkret: hart in der Sache, aber sanft im Ton und im Umgang. Beleidigungen und Unterstellungen von Motiven gehören nicht zu einem guten Umgang, schon gar nicht zu einem wissenschaftlich-skeptischen. Ad hominem-Argumente haben in einer fairen Diskussion nichts zu suchen. Jemand kann ein Schurke sein und trotzdem Recht haben. Ein anderer kann liebenswert sein und trotzdem Unrecht haben. Es geht um Argumente, nicht um Personen.
Warum tun wir das?
Wir lassen uns nicht gerne täuschen und wollen wissen, wie die Dinge wirklich sind. Niemand wird gerne getäuscht.
Es gibt aber noch einen weiteren Grund, auf den uns die erste Präsidentin der GWUP, Irmgard Oepen, hingewiesen hat: „Es geht nicht darum, Recht zu haben, sondern den Patienten zu schützen“. Etwas weiter gefasst: Niemand möchte Entscheidungen treffen, die aufgrund falscher Informationen nachteilig oder schädlich sind. Es geht also um die Folgen irreführender Informationen.
Dabei ist immer klar: Die Betroffenen entscheiden selbst und sie haben auch das Recht, sich falsch zu entscheiden, dann aber auch die Konsequenzen zu tragen. Auch hier spielt die im letzten Abschnitt beschriebene Haltung eine wichtige Rolle. Wenn wir nicht als ehrliche Vermittler, sondern nur als Vertreter einer politischen oder ideologischen Richtung wahrgenommen werden, kann das nämlich dazu führen, dass auch zutreffende Aussagen unbeachtet bleiben.