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“Realität ist das, was nicht verschwindet, wenn man aufhört, daran zu glauben.” Philip K. Dick: “Valis”, 1981

Semiotisches Dreieck

Sprache hat drei Basiskomponenten: Symbol, Bedeutung und Bezug. Ein sprachliches Symbol kann als Lautfolge oder optische Zeichenfolge auftreten. Dieses löst eine gedankliche Vorstellung aus, die einen außermentalen Bezug (Referenz) haben kann oder auch nicht. Die abstrakte Zahl “2” hat keinen außermentalen Bezug, der Begriff “Haus” aber schon.

Matrix?

Ferdinand de Saussure1 hat die Referenz aus seiner Linguistik verbannt. Durch dieses nur noch zweiwertige Modell verliert Sprache ihren Bezug zur Außenwelt. Der wichtige Unterschied zwischen einem abstrakten Konzept (Zahl) und einem materiellen Objekt (Haus) geht damit verloren. Es könnte alles nur Vorstellung sein. Ist es vernünftig anzunehmen, wir könnten auch in der “Matrix”2 leben?

Außenweltskeptizismus

Schopenhauer meinte: “Die Welt ist meine Vorstellung.” Weniger ausgefallen wäre es aber zu sagen: “Mein Weltbild ist meine Vorstellung von der Welt”. Durch den sprachlichen Kniff, Weltvorstellung und Welt gleichzusetzen, entsteht auch im zweiwertigen Sprachmodell ein Weltbezug.

Dieser ist aber unverständlich. Vorstellungen sind als mentale Vorgänge weitgehend privat. Wie soll es sich in diesem Modell erklären lassen, dass verschiedene Menschen überhaupt erfolgreich miteinander kommunizieren können? Dazu braucht es schließlich eine externe Entität, die für eine gewisse Konvergenz der individuellen Vorstellungen sorgt - die reale Außenwelt.

Unkritisierbarkeit des Außenweltskeptizismus

Dass wir nicht in der “Matrix” leben, lässt sich nicht beweisen. In der “Matrix” kann aber beliebiges passieren, in einer Welt, in der es Materie mit festen Eigenschaften (den Naturgesetzen) gibt, aber nicht. Was mit Beliebigem kompatibel ist, bleibt unwissenschaftlich, solange es keine Letztbegründung gibt. Außerdem stellen sich Sinnfragen: So ergibt etwa Astronomie ohne Materie kaum Sinn. Mit der Außenwelt verschwinden nämlich auch die Untersuchungsgegenstände der Naturwissenschaften. Ohne echte Menschen ist eine Gesellschaft ebenfalls kaum denkbar.

Instrumentalismus versus Wahrheitssuche

Manchmal wird Wissenschaft als bloßes Überlebensinstrument aufgefasst. Die Suche nach dem Ursprung des Lebens oder nach dunkler Materie im Weltall, hat für die praktische Lebensbewältigung aber keine starke Relevanz. Es nutzt uns im Alltag nichts, zu wissen, dass die Menschheit auf der Erde verschwinden wird, wenn sich die Sonne in einigen Mrd. Jahren zu einem Roten Riesen aufbläht.

Um Wissenschaft nicht auf reine Praxisbewältigung zu reduzieren, sollte man sie als Projekt der Wahrheitssuche verstehen. Durch Beseitigen von Irrtümern kann Erkenntnisfortschritt entstehen.